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Litauen – immer den Fluss entlang

#16 Litauen – immer den Fluss entlang
Lied zum Text: Milky Chance „Down by the River“

Wasser begleitet uns bei unserer Fahrt durch Litauen. Erst Seen und der Nemunas, dann die Ostsee.  Zum Schluss der Fluss, der der Familie von Henrik den Namen gegeben hat und damit auch mir und diesem Blog.

Wir kommen, wie geplant, an unserem 3. Reisetag in Litauen an. Sanfte Hügel mit Feldern voll mit Butter- und Pusteblumen prägen die Landschaft. Auf den Hügeln stehen vereinzelt Häuser. Kühe  liegen auf den Weiden und ab und zu steht ein Pferd am Wegesrand. Mich erinnert das an Almwiesen, nur die Berge fehlen. Wie auch in Polen, gibt es überall Storchennester und die rotbeinigen Gesellen werden unsere ständigen Wegbegleiter.

Mitten im Wald finden wir unseren ersten Campingplatz in Litauen. Auf den ersten Blick sehen wir nur Ferienhäuser. Ein älterer Mann repariert einen Rasenmäher. Er sieht auf den 1. Blick nicht besonders vertrauenserweckend aus (blödes Schubladendenken). Aber andere Menschen gibt’s hier nicht. Wir begrüßen uns. Er ist total freundlich und versucht, uns zuliebe, sogar ein paar Brocken deutsch zu sprechen. Zuerst möchte er uns den Campingplatz zeigen, bevor wir einen Platz buchen. Auto und Monster lassen wir stehen und laufen mit ihm in den Wald. Und laufen, und laufen….
Hänsel und Gretel, die vom Holzfäller in den Wald geführt werden.
Irgendwann stehen wir auf einer Lichtung mit Laternen, Stromanschlüssen und auf einer Betonempore stehen 3 Toiletten. Hier ist der Platz, klar wollen wir den. Also alles wieder zurück, Auto und Monster geholt und auf die Lichtung gestellt. Dann sind wir allein, richtig allein. Nur der Wald, die Mücken und wir. Es gibt hier viele Mücken. Als schwarze Wolke stehen sie über uns. Aber ein paar Tage später im Nemunasdelta werden es noch viel, viel mehr.
Die zum Platz gehörenden Duschen sind gefühlt 5km weit weg, so gehen wir uns im nahe gelegen See „waschen“. Das Wasser hat 21°C. Wir fühlen uns so survivalmäßig, wir könnten glatt eine DMAX-Serie drehen.
Ich kann natürlich die ganze Nacht nicht schlafen, zu viele Horrorfilme fallen mir ein. Wenn ich so ein Zeug nicht kennen würde, wäre das hier der ruhigste Ort der Welt.

Nach frühstücken, einpacken und einem skurrilen Toilettenbesuch auf der Betonempore, fahren wir weiter Richtung Kaunas. Am Grutaspark machen wir einen Zwischenstopp. Hier sind die abgerissenen, ehemaligen sozialistischen „Größen“ in einem Wald aufgestellt. Marx, Lenin, Stalin und viele litauische „Idole“ stehen hier. Es ist bizarr und regt zum Denken an. Gerade die baltischen Staaten haben im Krieg und dann auch lange danach unter den verschiedenen „Fremdherrschern“ gelitten.

Nach der Geschichtsstunde geht es weiter Richtung Kaunas. Wir überqueren den Nemunas (Memel), er wird für die nächsten 200 km bis zur Ostsee unser Gefährte sein.
Kaunas ist eine der größten litauischen Städte. Bei strahlendem Sonnenschein kommen wir auf dem Stadtcampingplatz an. Dieser liegt an einem See und eingezwängt zwischen Autobahn und Schnellstraße. Für eine Nacht ist das aber völlig ok und wenn man zum See runtergeht (übrigens mit einer Wakeboardanlage) ist es richtig schön.
Wir laufen die 7km bis zur Altstadt immer am Nemunas und einem Intustriegebiet lang. Die Wasserseite ist ein Traum, die Landseite – naja. Auf der Landspitze, wo sich der Neris in den Nemunas ergießt, liegt eine alte Burganlage und gleich dahinter beginnt die Altstadt. Sie erinnert uns an typische Dörfer in Mecklenburg Vorpommern. Die Architektur wirkt vertraut und deutsch. Wir haben das große Glück, zum Ende einer Messe in eine der großen Kirchen reinzuplatzen. Die Orgel spielt, es wird gesungen – ein besonderer Augenblick, der so nicht zu planen ist. Nach einem sehr guten Abendessen machen wir uns auf den Rückweg und nehmen dafür den Oberleitungsbus. Unser Bus ist bestimmt schon 50 Jahre alt, die Türen sind durchgerostet, aber er erfüllt seinen Zweck und bringt uns zurück zum Campingplatz.

Am nächsten Tag fahren wir weiter am Fluss entlang. An der Strecke gibt es einige schöne Aussichtspunkte, bei denen man die Flusslandschaft überblicken kann. Nach weiteren 180km öffnet sich das Nemunasdelta in das Haff der Kurischen Nehrung und wir machen auf einem kleinen Campingplatz in Venté Halt. Die Kurische Nehrung ist zum Greifen nah. 14 km Ostseehaff trennen uns von Nida, aber für uns ist es im Moment unerreichbar. Die Personenfähren fahren hier erst ab Juni und wir haben Mai, eigentlich kein Rüberkommen von hier. Doch wir sind ja Glückskinder und auf unserem Zeltplatz stehen noch zwei deutsche Paare, die auch nach Nida wollen. Sie haben sich privat ein Boot bestellt und wir dürfen mit.

Am Abend beginnen zwei großartige Naturschauspiele: die Sonne geht langsam hinter der Kurischen Nehrung unter und riesige Mückenschwärme stehen über Wiesen und Wäldern. Wie Rauchschwaden steigen sie im rotgoldenen Licht der Abendsonne auf. Man hört sie sogar ganz laut summen. Uns wird ein wenig anders, wir haben Angst um unser Blut. Es handelt sich jedoch um Zuckmücken und diese stechen nicht. Sie sind ein Segen für die vielen Vögel in dieser Gegend und wahrscheinlich auch für die Fische im Haff.

Kaum geht die Sonne am nächsten Morgen auf, weckt uns der Naturwecker in Form eines Kuckucksrufs. Auch das kennen wir schon von den letzten Tagen und das Rufen wird die Hintergrundmusik auf unseren weiteren Stellplätzen werden.

Wir fahren bei Sonnenschein und ganz ruhiger See nach Nida. Fast 2 Stunden dauert die Fahrt und lässt einen richtig zur Ruhe kommen. Die Hohe Düne weist den Weg übers Haff und kaum angekommen, laufen wir diese sofort hoch. Soviel Sand, so viel schöner Sand – richtig, weißer, feiner Ostseesand aufgetürmt zu einem Berg. Wir schauen von hier über diese wunderbare Natur, über das Haff und winken dem Monster auf der anderen Seite.
Barfuß laufen wir die hohe Düne, Richtung Ostsee, runter. Hier lassen wir uns in den Sand fallen, lauschen dem Rauschen der Wellen und fühlen uns richtig wohl. Später laufen wir nach Nida zurück, trinken Kaffee und pünktlich 18 Uhr geht unser Schiff zurück auf die andere Seite.

Unsere letzte Station in Litauen ist Klaipeda. Der Reiseführer warnt uns vor, so schön soll die Stadt nicht sein. Auf dem Parkplatz für Wohnmobile treffen wir ein deutsches Paar, das wir vor 2 Tagen auf einem Aussichtspunkt kennengelernt haben. Sie überlassen uns ihren Parkplatz und fahren weiter.  Wir werden auf unserer Reise immer wieder Leuten begegnen, die wir auf Campingplätzen oder Picknickplätzen zuvor „kennengelernt“ haben. Viele von Ihnen haben bereits großartige Abenteuerreisen hinter sich und es macht Spaß, sich mit Ihnen auszutauschen.

Klaipedas Altstadt ist wirklich nicht groß. Man sieht der Stadt die deutsche Vergangenheit an. Auch hier erinnert uns die Architektur an Brandenburg oder Mecklenburg Vorpommern. Wir besuchen das Ännchen von Tharau, das hier wieder neu aufgestellt wurde, trinken Kaffee, kaufen ein paar Lebensmittel ein  und laufen zur Dane. Die Dane (urspünglich Dange) ist der Stadtfluß von Klaipeda und mündet hier in die Ostsee. Von diesem Fluss haben die Vorfahren von Henrik ihren Namen und auch wenn mich sonst so etwas wenig interessiert, ist es eigentümlich, jetzt an diesem Fluß zu stehen.

Nicht weit von Klaipeda überqueren wir die Grenze zu Lettland und sagen dem zweiten Land auf unserer Reise „Auf Wiedersehen“. Wir können uns gut vorstellen, uns auf der Kurischen Nehrung irgendwann wieder zusehen. Mach´s gut Litauen – Hallo Lettland.

2 Kommentare

  • Evi

    Hallo Ihr Zwei,
    danke für diesen schönen Bericht, nach den anfänglichen Schwierigkeiten hört sich dieser Bericht ja wieder traumhaft an und man möchte sich dorthin beamen. Viel Glück auf Eurem weiteren Weg.
    Liebe Grüße von Evi und Peter

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