Nordkap – der Weg ist das Ziel
#22 Nordkap – der Weg ist das Ziel.
Lied zum Text: Danger Mouse & Daniele Luppi ” Her Hollow Ways”
Bei unserer Reiseplanung war Henriks großer Wunsch, auf jeden Fall ans Nordkap zu fahren. Ich war dem Thema gegenüber sehr leidenschaftslos und meinte: ” Wir brauchen doch kein Ziel. Der Weg ist doch das Ziel.” Nun waren wir am “Ziel” und zum Glück hat Henrik sich durchgesetzt.
Wir wollen von Russenes/Olderfjord zum Nordkap aufbrechen. Russenes ist ein komischer Ort. Es gibt eine Tankstelle (in der man alles kaufen kann), eine Kreuzung, ganz wenig Häuser und den Zeltplatz direkt am Olderfjord unterbrochen von der einzigen Straße. Wir stehen also mit dem Monster zwischen Straße und Fjord. Der Platz ist voll mit Leuten, die vom Nordkap kommen oder zum Nordkap wollen.
Das Wetter hat sich vom letzten Bericht nur unwesentlich verbessert. Ok, es schneit nicht mehr und auch die Sonne erahnt man hinter den Wolken.
Wir erkunden erstmal die Umgebung von Olderfjord und wandern den Dorfberg hoch. Wandern ist im Moment etwas schwierig, durch die Schneeschmelze ist alles versumpft und voller Matsch. Überall rauschen Wasserfälle die Berge runter und in den Senken stehen teichgroße Pfützen. Aber wir wollten das Abenteuer und jetzt haben wir das Abenteuer. Nach einer Stunde stehen wir oben und können über die Fjordlandschaft schauen – schööön.
Am nächsten Tag brechen wir gegen 11 Uhr ohne Monster Richtung Nordkap auf und ihr werdet es kaum glauben, die Sonne scheint ab und zu richtig durch die Wolken durch.
Wir haben mittlerweile viel vom Nordkap gehört. Wörter wie “Geröllhalde, Nebelbank, teurer Touristennepp” waren alle dabei. Dem entsprechend sind unsere Erwartungen nicht besonders hoch. Doch die Fahrt (diese letzten 130 km) ist allein schon toll. Fast die ganze Zeit fährt man am Fjord lang, Rentiere stehen überall, hinter jeder Kurve ein neuer Blick. Die Tunnel sind auch sehr abenteuerlich. Der 1. Tunnel ist so schmal, dass wir uns freuen, dass uns niemand entgegenkommt und nach einer Stunde Fahrt kommt der Nordkaptunnel. Er ist der nördlichste Meerestunnel, 6,9 km lang und liegt an der tiefsten Stelle 220m unter dem Meer. Als wir wieder Licht sehen, sind wir auf Mageroya, der Insel, auf der das Nordkap liegt.
Das mit dem Nordkap ist alles ein bisschen Fake. Denn das Nordkap liegt auf einer Insel (also nicht der nördlichste Festlandpunkt Europas) und die Nordkapklippe ist auch nicht der nördlichste Punkt dieser Insel, sondern Kap Knivskjelodden. Aber der Felsen ist nun mal spektakulärer, als eine seicht ins Eismeer laufende Landzunge. Und eigentlich ist das auch alles egal, denn auch hier gilt: ” Der Weg ist das Ziel.” und der Weg ist toll.
Vom Tunnel fahren wir an Honningsvag vorbei. Hier kommen die Schiffe an und ab hier fahren die Busse zum Nordkap. Wir schrauben uns mit dem Auto langsam zum Hochplateau rauf und dann liegen Schneefelder vor uns. Die Landschaft ist unwirklich. Wir fühlen uns hier ständig wie in einem Hochgebirge. Es gibt keine Bäume mehr, überall liegt Schnee und man sieht steile Berge. Diese sind aber maximal 400m hoch – irgendwie ganz komisch.
Die Straße haben wir fast für uns allein. Ab und zu kommen uns Wohnmobile entgegen (die meisten aus Deutschland) und “alte” Wagen, die an der “Baltic Sea Circle” Rallye teilnehmen (richtig coole Wagen sind dabei).
Nach insgesamt 2 1/2 Stunden Fahrt sind wir da. Vor uns liegt das Nordkap, also erstmal der Parkplatz. Dieser ist voll mit Wohnmobilen und 80% davon sind aus Deutschland. Wir sind erschlagen. Es ist, als wären wir auf dem Parkplatz eines großen deutschen Einkaufzentrums – kaum zu fassen. Einige davon haben wir auf unseren letzten fast 5000km bereits auf diversen Campingplätzen getroffen und man nickt sich wie alte Bekannte zu.
Der Eintritt kostet im Moment pro Person 270 NOK ( ca. 28 EUR). Dafür kann man 24 Stunden bleiben und alles nutzen, was es im Gebäude so gibt.
Natürlich gehen wir erstmal an die Klippe und schauen aufs Eismeer. Und was haben wir für ein Glück, wir haben freie Sicht. Kein Nebel, kein Dunst, kein Regen, kein Schnee und kaum Wind. Wir schauen übers Eismeer und sind selbst ganz erstaunt, dass wir hier jetzt stehen. Soweit im Norden, soweit weg von zu hause und das Alles mit dem Auto.
Wir bleiben 6 Stunden, laufen auf den Klippen lang, machen Bilder. Bewundern die wirklichen Helden dieser Tour- die Radfahrer- die immer wieder ankommen. Trinken Kaffee (für 20 EUR -Tee, Kaffee, zwei Stück Kuchen), schauen uns den Nordkapfilm im Panoramakino an (der wirklich gut gemacht ist), gehen in die Kapelle und immer wieder auf die Felsen raus, um den Ausblick zu genießen.
Hier ist das Ziel das Ziel und zum Glück wollte Henrik hierher.