Kalenderblatt Oktober 2020
Oktober- die Zeit steht still.
Meine Augen sind geschlossen, um mich herum ist es ganz ruhig.
Ganz weit weg ist auf einmal ein leises Rauschen zu hören, das langsam näher kommt und immer lauter wird, bis ich einen Lufthauch merke und dann wird das Rauschen wieder leiser.
Als es neben mir knarrt, mache ich die Augen wieder auf. Ich stehe mitten im herbstlichen Wald, neben mir steht unser Pilzkorb und wartet darauf, gefüllt zu werden. Aber erstmal muss ich den Wind beim Bäumebewegen zuhören und meine Umgebung genießen.
Schöne Momente im Oktober
Einen Waldspaziergang machen und sich vom Herbstlichtzauber gefangen nehmen lassen
Pilze sammeln
Zimtschnecken backen und essen
Drachen steigen lassen
In einen Laubhaufen springen
Kürbissuppe essen
Ein Mittagsschläfchen machen
Ans Meer fahren und bei einem ordentlichen Herbstwind am Strand spazieren
Seit ich denken kann, gehe ich im Oktober Pilze sammeln und fast immer an die gleichen Stellen (bei Pilzsuchern ist das so, die haben alle ihre „geheimen“ Plätze).
Ich kenne hier jeden Pfifferlingshügel, die Stellen, an denen gerne die Steinpilze stehen und Ende Oktober die Grünlinge durch die Erde brechen. Es überrascht mich, wenn eine Braunkappe mitten auf dem eigentlich pilzlosen Weg steht. Ich bewundere jedes Jahr die Schönheit der Fliegenpilze (die wir natürlich stehen lassen) und bin fasziniert, wenn wir auf einen Hexenring stoßen.
Aber eigentlich geht es nicht um die Pilze, sondern um die Zeit im Wald.
Meistens fahren wir an einem Wochenendvormittag in die Pilze. So ein Wochenende, an dem man sich früh fragt: „Was machen wir heute?“, „Bitte nichts Aufregendes oder Anstrengendes. Aber so ein bisschen Bewegung wäre nicht schlecht. Wie wärs mit Pilze sammeln?“
Kaum sind wir im Wald, fangen wir an zu gähnen und werden müde. Das passiert uns nur beim Pilze sammeln (und gerade jetzt hier beim Schreiben). Ich könnte mich gleich ins Moos legen und eine Runde schlafen. Henrik meint jedes mal: „Das liegt am vielen Sauerstoff.“ Ich glaube da nicht so dran, wir sind auch sonst viel im Wald unterwegs und leiden da nicht unter akuter Schlafkrankheit.
Ich glaube es ist Fluchtschlaf. Unser Kopf weiß, gleich muss er sich auf den Boden konzentrieren und Braun von Braun unterscheiden und da hat er nun mal keinen Bock drauf.
Also trickse ich ihn aus, schaue erstmal in die Höhe zu den Baumkronen, mache die Augen zu und lausche dem Wind, dem Knarren der Bäume und der Stille. Erst dann richtet sich der Blick auf den Boden.
Früher als Kind habe ich immer gedacht, die Pilze erschrecken sich, wenn wir laut durch den Wald poltern und bin ganz leise durch den Wald geschlichen. Leise gehört auch heute noch hierher, das heißt zu sich kommen, merken das man Teil der Natur ist.
Jeder Schritt, jedes von uns verursachte Rascheln ist zu laut, wenn wir uns quer durch den Wald bewegen. Wenn wir an Ästen hängenbleiben, über umgefallene Bäume stolpern, in nicht sichtbare Löcher treten, durch Spinnweben streifen oder uns nur unterhalten, versuchen wir leise zu sein. Oft hängt jeder auch nur seinen Gedanken nach und sagt mal nix.
Zwischen dem Bewundern des dicken Mooses, dem Schattenwurf der Bäume oder eines dicken Ameisenhügels entdecken wir doch den einen oder anderen Pilz. Manchmal ist der Korb voll, doch meistens sind nur ein paar wenige Pilze drin. Eigentlich ist das egal, es geht um das Erleben des Waldes und nie sind wir ihm näher als beim Pilze sammeln.
Nach dem Sammeln kommt die Arbeit – Pilze putzen. Da ist der Zauber dann vorbei, da freue ich mich, wenn wir nur ganz wenige Pilze im Korb hatten, beim Essen ist es dann wieder andersrum. Eine Achterbahn der Gefühle das Ganze…
Außer Pilze sammeln kann man im Oktober noch so viele andere Sachen machen, einige stehen ja schon oben. Man könnte auch mal wieder einen ganzen Tag fernsehen, in der Badewanne ein ganzes Buch lesen, Brettspiele spielen, den Tag am Computer vertrödeln, den alten Gameboy der Kinder vor holen und Mario Kart spielen, ins Museum gehen und und und. Der Oktober ist eindeutig viel zu kurz.
Hier geht es zum Kalenderblatt Oktober 2019. Oder wie wärs mit einem ostdeutschen Herbstwochenende?
5 Kommentare
Christel
Hallo Sylke,
schön, dass Du den Wald genießen kannst, all die Farben, wie ein letztes Aufbäumen des Jahres, bevor die lange Dunkelheit kommt.
Du sammelst Pilze? Oje, da kenne ich mich gar nicht aus, obwohl das Sammelfieber auch mich dieses Jahr gepackt hat zu sammeln, was so draußen zu finden ist, an Pilze habe ich mich noch nicht gewagt. irgendwie hat das bei mir scheinbar etwas mit Corona zu tun. Als die Klorollen knapp wurden, dachte ich, wie viele andere auch, darüber nach, wie gut es wir eigentlich haben. Und wenn dann noch einfache Dinge fehlen wie Hefe oder Mehl, die wir für selbstverständlich gehalten haben, wird man nachdenklich. Irgendwie habe ich mich da eine meine Oma und an meine Mutter erinnert, die immer schon alles mögliche sammelten: Pilze, Buchenecker, Äpfel und sonstiges Fallobst, Bärlauch, Brombeeren, etc. also habe ich mich an Hagebutten versucht….. vielleicht nicht so ne tolle Idee, fast 3 Tage geschnippsel und das Zeug juckt wie Glasfaserwolle beim Bau. Wenn man dann noch heimlich beobachtet wird, kann das Gezappel etwas irritierend auf andere wirken…. Kommentar meiner Kinder…“Psst….Mama ist verrückt geworden…“ „Hab´ich gehört :/ “ Dafür habe ich ein Glas fertig bekommen und den Stadtkindern mal gezeigt, dass Mama krisentauglich ist. Selbst gesammelt und selbst gemacht präsentierte ich also stolz meine „Ausbeute“. Doch statt Huldigung und Anerkennung nur ein „igitt Bio“.
Wie gut, dass Du also Deine Pilze ohne Kommentar und ohne Juckreiz sammeln und essen kannst.
Sylke
Hi Christel,
ach war das wieder schön von Dir zu lesen.
Wenn Du anfängst Pilze zu sammeln, solltest Du Dir jemanden mit Erfahrung dazu nehmen, das kann sonst blöd ausgehen.
Für die Hagebutten habe ich einen Tipp: Nach dem Sammeln die Hagebutten waschen, den Blütenansatz entfernen und dann kochen bis sie weich sind. Dann kommen sie in die Flotte Lotte und werden püriert, den Brei durch ein feines Sieb streichen und dann zur Marmelade kochen.
Erfordert etwas Kraft, aber das Pullen und vor allem Jucken bleiben aus.
Du merkst, ich mache auch so Biozeug. Meine Familie nimmt es mir aber dankbar ab.
Fühl Dich gedrückt.
Andrea
Hallo Sylke!
Wohl wahr – der Oktober ist soo abwechslungsreich. Man kann sich noch nen Sonnenbrand einfangen, aber sich ebenso den Hintern abfrieren. Es ist der „Jacke an – Jacke aus-Monat“ und auch der „Stühle raus – Stühle rein-Monat“. Wenn man nen Garten hat, gibt es jetzt noch so viel zu tun, aber es ist auch der Monat, in dem man schon Abschied nimmt vom Sommer und sich auf die gemütliche Jahreszeit, mit Kerzen, Tee oder Grog und Decke auf der Couch vorbereitet. Fast alle Rosen haben es noch geschafft zum 2. mal zu blühen und die Eichhörnchen werden nun regelrecht hyperaktiv. Im nächsten Sommer finden wir dann die ersten Triebe von neuen Nussbäumen, weil die Hörnchen mal wieder vergessen haben, wo sie all ihre Vorräte gebunkert haben…
Und wenn man auch erst gar nicht weiß, wie man nun den Winter überstehen soll – so nach und nach fallen einem dann doch ziemlich viele Dinge ein, die über den Sommer liegen geblieben sind und erst jetzt die Gelegenheit kommt, sich auch darum zu kümmern, Nun ja – so verlockend sind diese Dinge, mal abgesehen von gaanz lange schlafen und viel lesen nicht immer wirklich, aber sie müssen ja auch erledigt werden. (Zahnarzttermin, damit das Bonusheft den Stempel kriegt, jährlicher TÜV beim Frauenarzt, Sommerklamotten rauf und Wintersachen runter – gleiches mit dem Schuhwerk und dabei auch noch ne Entmistungsaktion, Steuererklärung auf den letzten Drücker u.s.w.) Immerhin werden wir uns so auch in der dunklen Jahreszeit zu beschäftigen wissen und schlussendlich ein gutes Gefühl haben, bei all dem was abgearbeitet ist. Von daher soll der November ruhig kommen, wenn er aufgrund Corona vielleicht auch etwas einsamer wird als sonst und man sich ja nicht so viel rumtreiben und den Hintern zu Hause lassen soll…
Aber der Oktober ist ja erst halb um und hat vielleicht noch ein paar Sonnenbrandtage zu bieten – schauen wir doch mal.
Ganz liebe Grüße und bis dahin!
Sylke
Hallo Andrea,
was freue ich mich über Deinen Kommentar (und ich hab das „war“ geändert ;o) ). Ich vermisse den Sommer auch schon, aber – genau wie Du schreibst – kann man sich jetzt um all die liegengeblieben Sachen kümmern und sich dann mal ordentlich auf die Schulter klopfen.
Komme gut und vor allem gesund durch die dunkle Jahreszeit.
Ganz liebe Grüße zurück
Christine
Liebe Sylke,
Hagebutten sind auch bei mir seit zwei Jahren herbstliche Sammelobjekte. Ich bereite sie ähnlich zu wie du – mit Zimt und Kardamom gewürzt eine leckere Weihnachtsmarmelade – wenn sie solange reicht…
Liebe Grüße für dich und deine Lieben!