Finnlands Süden
#20 Finnlands Süden
Lied zum Text: Rag’n‘ Bone Man „Skin“
(weil es hier ständig gespielt wird)
Zwischen Wäldern, Feldern, Wasser, unendlich langen Tagen und Funktionsbauten eröffnet sich uns ein ganz anderes Land, als in den Reiseführern beschrieben. Finnlands Süden ist offen, freundlich, gut erschlossen, ruhig und das alles in mitten einer herrlichen Natur.
Reiseführer wissen scheinbar nicht alles. Unsere Bücher (und ich habe ein paar davon) „warnten“ uns alle vor der Verschlossenheit der Finnen. Diese sind angeblich wenig kommunikativ und wollen auch nicht angesprochen werden.
Wir erleben die Finnen ganz anders. Sie sprechen uns an, freuen sich aufrichtig über unsere Versuche, etwas in ihrer Sprache wiederzugeben, helfen uns und die Camper grüßen sich auf den Straßen. Nette Menschen sind die Finnen, vielleicht wird es im Norden (Lappland) anders …
Wir kommen bei strahlendem Sonnenschein mit der Fähre in Helsinkis Schärengarten an. Mir war nicht bewusst, dass die finnische Ostseeküste auch einen großen Schärengürtel besitzt, aber über Finnland habe ich sowieso sehr wenig gewusst. Das hat sich mittlerweile geändert. Ich habe in der letzten Woche viel über Finnland gelesen und muss sagen, schade, dass ich mich nicht früher damit auseinandergesetzt habe. Eine interessante Geschichte hat das Land, viele beeindruckende Leute kommen von hier und auch die Geschichte der, durch die Eiszeit geprägten, Landschaft hat etwas, dem man sich nicht entziehen kann.
Huch, ich bin abgeschweift. Wir waren in Helsinki, also kommen gerade an. Der Fährhafen liegt mitten in der Stadt und unser Campingplatz ist nur 14km entfernt, das sollte schnell gehen. Doch kaum vom Fährschiff runter, stehen wir im Stau. Seit über 3 Wochen hatten wir keinen Stadtstau mehr. In einer fremden Stadt, mit tausenden von Ampeln, mit Straßenbaustellen (wie in Berlin) und einem 12m langen Gefährt macht das keinen Spaß. Eine Stunde brauchen wir bis zum Campingplatz. Ich schweißgebadet (ich bin nicht gefahren), der Mann neben mir: „war doch gar nicht so schlimm.“
Unser Campingplatz liegt idyllisch im Mahrzahn von Helsinki, denken wir. Später bemerken wir, die Finnen stehen auf Funktionsbauten (den Begriff habe ich aus einem Reiseführer). In jeder „größeren“ Stadt stehen diese Plattenbauten und werden auch als schön empfunden.
Helsinki erobern wir uns am nächsten Tag im Regen. Doch anders als in Riga und Tallinn, sind wir von dieser Stadt nicht sofort verzaubert. Ihr fehlt das Verträumte. Es ist eine richtige Großstadt. Viele Bauten sind modern und die Stadt ist im neoklassizistischen Stil gehalten. Der uns nicht ganz liegt. Vielleicht sind wir auch großstadtmüde oder der Regen lässt alles grau erscheinen.
Wir machen uns auf den Weg ins Hinterland.
Unser erster Haltepunkt ist Lahti (gesprochen Lachti), bekannt von diversen Wintersportübertragungen. Lahti liegt an einem großen See, umgeben von toller Natur. Doch der Ort selber ist für uns nur naja, ich sag mal: „Funktionsbauten“.
Wir versuchen, uns durch die Stadt treiben zulassen, geben es aber auf und gehen zum See runter. Vorbei an mehreren Sportplätzen. Auf diesen wird Tennis, Fußball, Baseball gespielt. Jung und Alt hüpfen, rennen, radeln, rollern durch die Gegend. Die Finnen sind aktiv. In jedem noch so kleinen Ort gibt es Sportplätze und diese werden genutzt. Wir schauen dem bunten Treiben zu und verbrennen dabei so viele Kalorien, dass wir Appetit auf Kuchen bekommen.
Im nächsten Café gibt es Tee und eine Zimtrolle. Das ist hier etwas teurer als bei uns und in den baltischen Staaten. Für einen Latte Macchiato (serviert in einem Whiskeyglas, was auf die Größe hindeutet) bezahlt man zwischen 3,50 EUR bis 4,50 EUR. Ein Stück Kuchen kann schon mal 7 EUR kosten.
Auch die Campingplatzgebühren sind mit über 30 EUR pro Nacht ganz schön gepfeffert.
Aber ein Einkauf im Supermarkt ist nur leicht teurer. Natürlich nur, wenn man auf die alkoholischen Getränke verzichtet.
Nach Kaffee und Kuchen verschwinden wir aus Lahti und wollen es uns auf unserem wirklich schön gelegenen Campingplatz in der Nähe gemütlich machen. Dieser ist mittlerweile voll. Es ist Wochenende und die Finnen fahren aufs Land. Wir beobachten und staunen über die angeblich verschlossenen Finnen und haben damit ein abendfüllendes Programm.
Jeder Campingplatz hat eine Sauna und die wird von den Finnen intensiv genutzt. Bis spät in die Nacht werden die Saunagänge gemacht. Wobei Nacht nicht mehr das richtige Wort ist. Die Tage und Nächte sind hell und der Tag hat hier wirklich 24 Stunden. Du schaust irgendwann auf die Uhr und es ist 20 Uhr, die Sonne steht noch hoch am Himmel. Du hast unendlich viel Zeit. Um 24 Uhr geht die Sonne unter, um 3 Uhr wieder auf. Dunkel wird es dazwischen nicht. Je weiter es nach Norden geht, umso länger wird der Tag, bis es hinter dem Polarkreis nur noch Tag und keine Nacht gibt.
Zum Glück lässt sich das Monster gut verdunkeln, so dass wir trotz der Helligkeit gut schlafen können. Trotzdem ist es komisch, im Sonnenschein schlafen zu gehen. Selbst mir als Frühschläfer fällt es nicht schwer, bis 24 Uhr wach zu bleiben (in Deutschland ein Ding der Unmöglichkeit für mich).
Nach Lahti fahren wir an Seen, Wäldern, Seen, Seen, Wäldern vorbei Richtung Ostsee. Wir machen 2 Tage halt in Ikaalinen. Wo wir paddeln gehen, durch die Gegend spazieren, die Ruhe und die langen Tage genießen.
Bei Regen kommen wir an der Ostsee in Kristinestad an. Und es regnet den ganzen Tag, aber das ist irgendwie gar nicht schlimm. Wir nehmen unsere Regenschirme und Gummistiefel und schauen uns den kleinen Ort über 2 Stunden lang an. Die Ostseeküste ist hier ganz anders als bei uns. Man hat keinen offenen Blick aufs Meer. Ein breiter Schärengürtel liegt vor uns und unser Blick wird von Inseln über Inseln begrenzt.
So ist es auch in Vaasa, der Stadt mit den meistens Sonnenstunden in Finnland und als wir ankommen scheint die Sonne. Wir stehen mit dem Monster auf einer Insel vor der Stadt, überall Ostsee um uns herum.
Auch Vaasas Innenstadt ist von Funktionsbauten geprägt, doch dazwischen gibt es sehr schöne Ecken und Plätze. Uns gefällt Vaasa als erste „Großstadt“ in Finnland ganz gut.
Als wir am nächsten Tag losfahren, begleitet uns die Sonne und dann kommen wir in der Touristenhochburg Finnlands, in Kalajoki, an. Hier gibt es Sand ohne Ende. Die Ostsee ist hier ganz flach und hat jetzt schon fast 20 C. Die Landschaft ist fast mediterran. Es gibt Ferienhäuser, Hotels unseren großen Campingplatz (der noch fast leer ist). Wir können mit dem Monster beinah am Meer stehen und beschließen, 3 Tage zu bleiben. Wir wollen Wäsche waschen, unsere Vorräte auffüllen, Sonne tanken, einen Blogartikel schreiben und Ferienortstimmung erleben, bevor es in die Wildnis nach Lappland geht.
Finnland ist für mich jetzt nicht mehr die große Unbekannte und ein wirklich gutes Land zum Urlaub machen.
Ach und die Mücken? Bis jetzt überhaupt nicht schlimm.
2 Kommentare
Luise
Hallo ihr beiden.
Ich lese euren neuen Artikel grad von Arbeit aus und merke wie sehr ich euch doch vermisse 🙂
Es macht so viel Spaß und ist so toll mit zu lesen was für wunderschöne und neue Sachen ihr alles erlebt, ich freue mich so für euch.
Vor allem freue ich mich zwei Wochen lang dabei zu sein und mit euch zusammen wieder Zeit zu verbringen.
Bis dahin alles Liebe <3
Sylke
Hallo Süße, wir vermissen Euch auch und freuen uns schon auf August und ein Wiedersehen. Wir sind sehr glücklich, dass ihr uns ermöglicht das hier zu erleben. Und das wir aus unseren gewohnten Bahnen ausbrechen können, weil ihr uns den Rücken frei haltet. Dickes Küsschen nach Hause.