Ein Roadtrip: Kapitel 7 – Spaniens Norden
#65 Ein Roadtrip: Kapitel 7 – Spaniens Norden
Lied zum Text: Lenny Kravitz „Fly Away“
Nach dem Roadtrip durch Frankreich können wir uns von der atemberaubenden Atlantikküste noch nicht trennen und reisen weiter über San Sebastián, Bilbao nach Santander.
Hier nehmen wir Abschied vom Atlantik und fahren am Rand der Pyrenäen bis nach Andorra. Elf Tage verbringen wir in Spanien und Andorra. Fahrt mit uns auf einer der schönsten Küstenstraßen Europas, entdeckt mit uns pittoreske spanische Orte, wandert durch verlassene Dörfer und steht mit uns im Schnee.
San Sebastián
Unsere erste Stadion in Spanien ist San Sebastián.
Gleich hinter der französischen Grenze verändern sich die Orte. Die Spanier haben einen Hang zum Plattenbau, daran müssen wir uns erstmal gewöhnen. Selbst in den kleinsten Dörfern wird mindestens ein Haus in die Höhe gebaut. Besonders schön finden wir das zum Anfang nicht. Dafür bleibt die Landschaft ein Knaller und wird mit jedem Kilometer noch beeindruckender.
San Sebastián liegt wunderschön am Meer mit einem langen, breiten Strand.
Dieser trägt den Namen Muschelbucht zu recht (von oben sieht die Bucht wie eine Muschel aus und fast in der Mitte gibt es eine „Perle“/ kleine Insel). Doch bevor man an den Strand kommt, fährt man durch die Plattenbauten der Vorstadt mit Ihren ganz engen Gassen.
Wir haben uns in einem kleinen, sehr neuem Hotel – eher ein Hostel – eingemietet. Die junge Frau an der Rezeption schließen wir sofort in unser Herz und quatschen erstmal eine Runde.
Der Ausblick aus unserem Zimmer ist etwas ernüchternd. Darum schrauben wir die Erwartungen für den Stadtrundgang ganz weit runter.
Das hätten wir nicht gebraucht, denn San Sebastián ist eine eindrucksvolle Art Deco Stadt. Herrschaftliche Fassaden, kleine, enge Gassen, niedliche Läden und die Pintxosbars sind schon ein Erlebnis und dann kommt der Strand.
Hier sitzen wir und schauen mal wieder den Surfern zu und den Spaziergängern am Strand.
Abends sitzen wir dann bei Bier und Pintxos in einer Bar und lassen uns von den Einheimischen die wenigen Wörter, die wir auf spanisch können, auf baskisch beibringen.
Getaria
Am nächsten Tag geht es nach Bilbao. Dabei fahren wir auf einer spektakulären Küstenstraße. Immer wieder halten wir an, um die unglaublichen Ausblicke zu genießen.
Unser Weg führt uns dabei durch Getaria („auch wir haben noch nie davon gehört“), ein kleiner Ort mit einem ultramodernen Museum und einer fantastischen Lage am Meer.
Das Museum ist Cristóbal Balenciaga gewidmet, einem der großen Modeschöpfer.
Er ist in Getaria aufgewachsen.
Keine Ahnung, wie man bei diesen Ausblicken auf die Idee kommt, sich an einen Schreibtisch zu setzen und Kleider zu entwerfen? Ich würde die ganze Zeit auf der höchsten Klippe sitzen und dem Meer zusehen.
Das Museumsgebäude ist eine architektonische Glanzleistung. Sowohl von innen als von außen ist das Gebäude etwas ganz besonderes und wir verbringen zwei lehrreiche Stunden dort.
Weiter geht es auf der Küstenstraße bis uns die Wegweiser nach Bilbao ins Landesinnere führen.
Bilbao
Bilbao hatte bis in die 90ziger Jahre das Image einer hässlichen Industriestadt. Die Stadt war lange für ihre Eisenindustrie und den Schiffsbau bekannt und mit deren Niedergang ging es auch mit der Stadt bergab.
Doch die Stadträte hatten Geld und Mut und verwandelten damit Bilbao innerhalb weniger Jahre in ein touristisches Zentrum.
Heute ist Bilbao eine lebhafte, junge, grüne Stadt, in der es Spaß macht, durch die Straßen zu bummeln und immer wieder auf Kunstwerke zu treffen.
Den touristischen Höhepunkt stellt das Guggenheim-Museum dar. Auch wir sind gekommen, um eines der schönsten avantgardistischen Bauwerke der Welt zu bewundern.
Bevor wir uns aufmachen die Stadt zu erkunden, suchen wir erstmal unser Hotel.
Dieses liegt in der autofreien Altstadt und wir müssen unser Gepäck vom Parkplatz am Bahnhof 15 min durch die Innenstadt tragen. Unsere Arme werden von den Taschen immer länger, als wir uns in dem Gewirr der Gassen erstmal verlaufen.
Doch irgendwann stehen wir vor einer kleinen Tür. Vor ihr sitzen eine Menge junge Leute und unterhalten sich laut. Das wäre der Hinweis auf laute, schlaflose Nächte gewesen, wenn wir nicht zu sehr mit uns beschäftigt gewesen wären.
Hinter der Tür führt eine halsbrecherische Treppe zur Pension. Betrunken hier rauf oder runter gehen kann nur mit einer Querschnittlähmung oder dem Tod enden. Wir wagen keinen Versuch, bleiben nüchtern und haben beim Begehen immer eine Hand am Handlauf.
Unser Zimmer ist klein aber gemütlich, hat einen französischen Balkon, der sich in eine enge Gasse öffnet.
Machen wir es kurz, wir wohnen mitten im Partyviertel von Bilbao und es ist laut in der Nacht. Erst gegen 6 Uhr wird es etwas leiser, doch dann kommt die Müllabfuhr und kurz danach machen die Bäcker auf.
Zwei Nächte und Tage ohne Schlaf liegen vor uns und als wir danach in unsere Ferienwohnung in der Nähe von Santander ziehen, schlafen wir uns richtig aus.
Doch irgendwie passt das Schlaflose zu dieser Stadt, die ausgesprochen quirlig ist. Viele junge Leute sind unterwegs. Altes und Modernes vermischt sich hervorragend und gibt der Stadt etwas sehr spannendes.
Vom Guggenheim-Museum sind wir sowohl von außen als auch von innen ganz angetan. Ein paar Stunden lassen wir die gigantischen Kunstwerke, die im Inneren ausgestellt sind auf uns wirken und verlieren uns in der architektonischen Schönheit des Gebäudes.
Mit der Straßenbahn fahren wir den Innenbezirk ab und laufen einmal quer durch die Stadt.
Soto de la Marina
Nach zwei Tagen sind wir müde und fußlahm und freuen uns auf ein paar ruhige Tage in Soto de la Marina. Der Ort ist nur ein paar Autominuten von Santander entfernt. Auf dem Weg dorthin halten wir eher zufällig in Castro Urdiales und erleben ein wirkliches Meeresspektakel.
Hohe Wellen kennen wir bereits.
Das Meer scheint in der Biskaya nie ruhig zu sein, jedoch in der kleinen Stadt übertreffen sich die Wellen. Überall gibt es zerklüftete Buchten, in denen sich die Wellen brechen können. Auf der Straße gibt es sogar Achtungsschilder für die Wellen und ja, die sind berechtigt. Die Wellen schlagen hoch in diesem Ort. Und wir? Wir staunen und freuen uns über diese Urgewalt.
Außerdem finden wir hier einen Friedhof mit einer himmlischen Aussicht. Jedes Grab hat einen schönen Ausblick aufs Meer und im Gegensatz zum Ort, wo man überall das Meer grollen hört, ist es hier ganz ruhig.
Soto de la Marina ist ein richtiger Ferienort und zur Zeit fast ausgestorben. In unser sehr schönen Ferienanlage sind wir allein und auch die Bucht vor unserer Haustür haben wir fast für uns.
In den nächsten Tagen schlafen wir viel, gehen auf atemberaubenden Wegen wandern, besuchen Santander im Regen und nehmen langsam und schweren Herzens Abschied von der Atlantikküste.
Jaca
Die nächsten Tage fahren wir am Rand der Pyrenäen Richtung Andorra. Die ersten Stunden sind wir noch etwas schwermütig. Die Atlantikküste hat uns so gut gefallen, da kommen die Berge bestimmt nicht ran.
Doch wir haben uns geirrt. Als wir uns auf die Berge einlassen, sind sie überwältigend schön.
Auf dem Weg am Rand des Gebirges sind wir fast allein, selten treffen wir auf andere Autos und können uns so in unserer eigenen Geschwindigkeit dahin treiben lassen. Wir halten hier und dort, gehen wandern, genießen die Sicht auf die Berge, türkisblaue Stauseen, weite Ebenen und rosablühende Kirschplantagen. Lernen schöne Orte wie Jaca kennen, schlafen ganz rustikal in einem Trucker-Stopp und spazieren durch eins der über 3500 verlassen Dörfer Spaniens.
Die ganze Zeit begleitet uns die Sonne, wir haben Mitte März und meistens um die 20°C. Da wundern uns die Autos, die uns mit Skiern auf dem Dach begegnen, denn die Bergspitzen, die wir sehen, sind absolut schneefrei.
In Jaca nimmt das ganze schon fast skurrile Formen an, jedes Auto hat hier eine Winterausrüstung auf dem Dach. Wir sehen aber keinen Schnee, dafür eine riesige Eishockeyhalle, die in der kleinen Stadt eher deplatziert wirkt.
Wir belesen uns im Internet und siehe da, Jaca ist spanischer Rekordmeister im Eishockey. Klar schauen wir uns die Halle an. Wir kommen einfach so rein und schauen den Herren beim Training zu. Danach sind die Kinder dran, auf der einen Seite Eisprinzessinnen, auf der anderen kleine Eishockeyrüpel – sehr amüsant.
Und noch ein kleiner Tipp am Rande: Jaca hat einen McDonalds mit einer sensationellen Aussicht. Dieser ist voll verglast und man kann direkt auf die Berge blicken – ein Kracher.
Das Rätsel mit den Skiausrüstungen haben wir auch fast gelöst, gleich hinter der Stadt beginnt ein großes Skigebiet. Wir können zwar immer noch nicht glauben, dass dort Schnee liegt, aber wir vertrauen den Erzählungen.
Andorra
Nur ein paar Autostunden hinter dem Ort liegt Andorra.
Hier bleiben wir zwei Tage und erleben den Konsumwahnsinn inmitten hoher Berge. Es ist unglaublich, wie man es geschafft hat, so viele Geschäfte zwischen die steilen Berghänge zu klemmen.
Am Ende dieser erlebnisreichen Tage sehen wir das weiße Wunder dann auch mit eigenen Augen, oben auf den Bergspitzen Andorras liegt Schnee, massenweise Schnee. Skilifte bringen die Touristen ins Winterwunderland und selbst mit dem Auto kann man direkt an die Skipisten fahren.
Wir stehen mit einem fetten Grinsen mitten in der weißen Pracht und können unseren Augen kaum glauben.
Von Andorra geht es wieder nach Frankreich und jetzt befinden wir uns ganz offiziell auf dem Rückweg. Begleitet uns auf der letzten Etappe unseres Roadtrips im nächsten Kapitel.
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2 Kommentare
Christel
Hallo Sylke,
Du Weltenbummler.Gerade staune ich über diese schöne Reisebeschreibung.Ich sitze gerade auf der Terrasse in der Mittagspause mit der Sonne auf dem Kopf und kann trotz Sonnenbrille die schönen Bilder nicht erkennen.Ich muss die mir mal in Ruhe anschauen, es blitzt nur ein Bild durch im Schnee, mit etwa 40C im Nacken ein tröstlicher Anblick.
Gute Heimreise mit hoffentlich funktionierender Klimanlage.
Hasta la proxima vez( bis zum nächsten Mal)
Deine Christel
Sylke
Hallo Christel,
wir schwitzen so wie Du ;o).
Ich bin mit dem Schreiben 3 Monate im Rückstand.
Wir waren also Ende März da oben und keine Ahnung, ob jetzt noch Schnee liegt.
So eine kleine Portion Schnee wäre schon eine nette Abwechslung z.Z..
Liebe Grüße Sylke