Bunker Wünsdorf Februar 2017
Gedanken

Angst vor dem Glück

#02 Angst vor dem Glück 
Lied zum Text: Bosse ” Steine”

Himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt – ich fühle mich wie mitten in der Pubertät. Meine Gefühle fahren Achterbahn und ich erkenne mich nicht wieder.

Es ist großartig, welche Chance sich uns gerade bietet. Henrik und ich haben die Möglichkeit, unser Leben umzukrempeln und uns eine lange Auszeit zu nehmen. Vor uns beiden liegt viel Freiheit und das macht mir Angst. 

Je näher der Termin meines letzten Arbeitstages rückt, umso unruhiger werden meine Nächte.  Ich male mir Horrorszenarien aus:
– wir setzen unsere glückliche Beziehung aufs Spiel.
– nach einem Streit, wird einer von uns in einem Fjord verschwinden
– unsere Freunde werden uns nicht mehr verstehen und sich von uns abwenden
– wir werden danach nie wieder Arbeit finden und völlig verarmen
– ich werde nie mehr in ein geregeltes Arbeitsleben zurückfinden und völlig verlodern
– nach 1 Woche Wohnwagen fahren habe ich das Ganze bereits satt
– Bären werden uns in den Tiefen Finnlands fressen
– unser Sommer am Nordkap wird von 6 Meter Schnee begleitet und wir erfrieren
– alle skandinavischen Horrorfilme und –bücher fallen mir ein und natürlich wird das        Alles uns passieren

Seit meiner Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag vor einem halben Jahr kommen immer mehr solcher Kopfkinofilme hoch.

Das ist schon ein Ding!
Ich freue mich von ganzem Herzen auf diese Auszeit, auf dieses Abenteuer – doch mein Körper und mein Kopf streiken. Die wollen ihr altes Muster weiterfahren und sich nicht mit mir freuen. Sie/Ich hängen an ihren alten Wertvorstellungen.

Ich merke immer mehr: „Ich gönne mir diese Auszeit nicht.“

Die Aussagen „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ „Schaffe, schaffe Häusle bauen“ und so weiter sind tief in mir verankert. Ich habe Angst, was die Gesellschaft von mir hält, wenn ich NICHTS mache. Ich  weiß, das ist blöd und kann meine Gedanken doch nicht ändern.

Andererseits ist es gut, dass das jetzt hochkommt. Es gibt mir die Chance, meine Werte zu überdenken, sich mit Ihnen auseinander zu setzen und Neues in meinem  Leben zu begrüßen.

Diese Ängste gehören zu mir, aber auch der Mut, mich trotzdem in dieses Abenteuer zu begeben.  Es ist an der Zeit, Unsicherheit in mein Leben zulassen, nicht jeden Tag, Monat, Jahr bis ins kleinste Detail zu planen. Es ist Zeit, mal nicht pünktlich zu sein, den Tag zu vertrödeln und das Ganze mit etwas Unordnung zu würzen. Ich bin gespannt, wie gut mir das gelingen wird.

„…Und wenn es nicht funktioniert?“ fragen mich meine Ängste.

Dann ist das auch nicht schlimm, ich kehre zu meinem strukturierten, aufgeräumten Leben zurück und weiß danach auf jeden Fall, dass es hervorragend zu mir passt.
Denn das Schlimmste wäre, diese Chance nicht zu ergreifen und das ich irgendwann mal aus Miss Platnums Lied – Frau Stein – zitieren müsste: „Das Glück hat sie verfolgt, sie ist entkommen.“

Darß 2014

 

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