Jahresrückblick 2020
#68 Jahresrückblick 2020
Lied zum Text: Drake „Laugh now cry later“ *
Am Ende von 2020 ziehe ich mal wieder ein Resümee. Schaue, was ich Neues gelernt habe, was vielleicht nicht so schön war und wofür ich dankbar bin.
Setzt Euch mit mir in eine ruhige Ecke, begleitet mich bei meinem Jahresrückblick 2020, lasst dann einen Moment Eure eigenen Gedanken fließen und nehmt Abschied von diesem herausfordernden Jahr.
Bei diesem Jahresrückblick fließen die Buchstaben nicht ganz so einfach aufs Papier. Einerseits gibt es 1000 Gedanken zu 2020, andererseits ist mein Kopf leer.
Mir fehlen irgendwie die Worte.
Ich möchte nicht allzu schwermütig klingen, denn es gab viele zauberhafte Momente in diesem Jahr, aber es war nun mal auch keine einfache Zeit für mich/uns.
Ich lege mal einfach los und lass mich überraschen, wie sich der Text entwickelt (da müsst Ihr jetzt mit mir durch).
Was habe ich in diesem Jahr gelernt?
2020 hat mich Dinge gelehrt, die ich noch gar nicht bereit war zu lernen. Das waren Emotionen und Gefühle wie Trauer, Ängste, Sorgen machen, Verantwortung übernehmen und loslassen.
Der Tod meines Vaters hat mich verändert. Ich bin in mich gekehrter, das Leichte und Fröhliche ist dem Grübeln gewichen. Kommt aber jeden Tag wieder etwas mehr zurück. Ich fühle mich irgendwie erwachsener. Gut – mit 46 wird das ja auch mal langsam Zeit.
Im letzten Jahresrückblick habe ich noch geschrieben, dass ich mich im Kopf jünger fühle, freier, weniger begrenzt und schwupps, – war das wieder anders.
Auch die Pandemie hat ihren Anteil an dem Verlust der Leichtigkeit meiner Gedanken. Mir fehlen Konzerte, Kinobesuche, mit Freunden essen gehen, irgendwo einen Kaffee trinken und Leute beobachten und spontan einfach übers Wochenende wegfahren.
Jeden Tag Nachrichten über neue Krankheitsfälle, ein überlastetes Gesundheitssystem und von hilflosen Politikern eigenartig getroffene Entscheidungen verunsichern mich und machen mich ärgerlich.
Dieses Jahr hat mir aber auch Lektionen – in Geduld, sich an kleinen Dingen freuen, jeden spontanen freudigen Moment mitnehmen, es besser mit sich aushalten, erwachsen werden ist gar nicht schlimm, loslassen können, Freude über unsere technischen Hilfsmittel – erteilt. Das waren Lektionen, die ich mir am Anfang des Jahres nicht vorgenommen habe ( ich wollte ja Übermut), die mir jedoch sehr gut tun und in denen ich mich in den nächsten Jahren weiter „fortbilden“ möchte.
An unserem Spiegel hängt seit langer Zeit ein Spruch von Marc Aurel: „Mit den Jahren nimmt die Seele die Farben der Gedanken an.“ Ich habe gemerkt, wie wahr dieser Spruch ist und lenke meine Gedanken immer wieder auf das Schöne.
An manchen Tage fällt es mir sehr leicht, an anderen muss ich ganz genau hinsehen. Aber es gibt immer eine Blume, die am Wegesrand bunt vor sich hin leuchtet, ein Lächeln von Henrik nur für mich, eine spontane Umarmung von unseren Kindern, ein Schwätzchen mit meiner Mutter auf dem sonnigen Balkon, eine unerwartet Nachricht von unseren Freunden.
Hier soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass ich unglücklich bin, denn das bin ich ganz und gar nicht. Ich bin weiter eine zuversichtliche, glückliche, oft sehr fröhliche Frau, doch in diesem Jahr war nun mal Zeit zum Trauern und für ein wenig Schwermut.
Seit ich das für mich akzeptiert habe, geht es mir schon deutlich besser.
Kleine Momente feiern
Es gab dieses Jahr wirklich tolle Momente. Oft kleine, leise Augenblicke, die mir ganz viel gegeben haben.
Henrik und ich waren zum Beispiel in diesem Jahr von Ende April bis Mitte November baden. Im Sommer jeden Tag.
Wer hier schon länger unterwegs ist, weiß, wie sehr ich das Wasser liebe.
Diese tägliche Runde im See hat mir ganz viel Ruhe, Gelassenheit und Fröhlichkeit wiedergegeben.
Da gab es goldene Baderunden im Sonnenuntergang oder bei Niesel unterm Regenbogen. Außerdem die Runde, als wir auf dem Weg zum Wasser vom Regen überrascht wurden und gleich mit unseren durchnässten Klamotten baden gegangen sind. Und jetzt die letzten Besuche im Wasser im November, wo das Wasser so kalt ist, dass nur noch Lachen dich warm hält. Kleine unvergessliche Erlebnisse, die meine Seele bunt machen.
In diesem Jahr habe ich auch unseren Garten wieder richtig lieb gewonnen.
Zwischen Unkraut zupfen, Rasen mähen, Hecke schneiden, Laub harken, habe ich in den letzten Jahren oft den eigentlich Wert unseres Gartens vergessen.
Da ist das Bienensummen, wenn die Linden im Frühjahr blühen, die Freude über das erste Schneeglöckchen, dass durch die kalte Erde bricht, das Staunen über die Blütenpracht im Sommer und mein Lächeln, wenn ich im Herbst unseren bunten Ahorn sehe.
Scheinbar hatte ich schon Anfang Februar das Gefühl, dass das ein besonderes Jahr wird und habe angefangen, ganz viel Gemüse und Blumen aus Samen zu ziehen. Viele Jahre habe ich das nicht mehr gemacht, sondern diese als Pflanzen im Frühjahr gekauft.
In diesem Frühling bin ich jeden Morgen als erstes in unseren Wintergarten und habe geschaut, wer sich jetzt aus dem harten Samenkorn rausgetraut hat. Aus kaum sichtbaren Punkten sind bunte Blumen und Tomaten, Zucchini, Kürbisse gewachsen und haben mich stolz und glücklich gemacht.
Wir haben einen Apfel-, einen Birnenbaum, eine Felsenbirne und unglaublich viele neue Blumen gepflanzt. Ich glaube auch in der Hoffnung, dass das nächste Jahr wieder bunter, leichter und blühender wird.
Ich hatte wirklich ein wunderbares Gartenjahr und bin unendlich dankbar, dass wir dieses Paradies haben.
Das Beste daraus machen
In diesem Jahr war/ist vieles anders.
Wir haben keine großen Partys gefeiert, dafür in kleinem Kreis immer wieder Freunde eingeladen. Dadurch hatten wir viel mehr Zeit, aufeinander einzugehen und uns intensiver zu unterhalten. Da kamen ein paar lustige unbeschwerte Stunden zusammen.
Außerdem haben wir sehr viel gespielt: von Stadt Land Fluss über Dominion bis zum abendfüllten, selbst gestaltenden Krimidiner.
Und wie immer, haben wir im Garten im Sonnenschein wieder viele Kreuzworträtsel gemeinsam gelöst.
Und in keinem Jahr davor (selbst nicht auf unseren langen Reisen) haben wir so die technischen Möglichkeiten genutzt. Gemeinsame Essen über Skype, online Kneipenquiz spielen, viele WhatsApps schreiben, Kaffee trinken mit direkten Draht (und Livebild) nach Amerika und auch das gute alte Telefonieren war dabei.
Henrik hat ein halbes Jahr am PC im HomeOffice verbracht und dadurch hatten wir wieder viel gemeinsame Zeit.
All das hätten wir ohne Corona nicht für uns entdeckt.
Noch etwas zum Thema Abschied
Die nächsten Sätze gehen an die Menschen, die mit uns viele Jahre zusammengearbeitet haben.
Eine Ära ist Ende 2020 zu Ende gegangen.
Das Ende war lange vorher schon erkennbar, aber man hat immer gedacht: „Ach komm, noch ein Jahr. Das kann ja nicht einfach so vorbei sein.“
Doch nun ist Schluss und wir alle sind jetzt „Ehemalige“.
Wir haben zusammen etwas sehr Tolles aufgebaut und dabei geht es nicht um die Firma, sondern um uns. Die vielen Geschichten und Erinnerungen, die uns auch nach vielen Jahren zusammenbringen und verbinden.
Henrik und ich sind mittlerweile schon 4 Jahre nicht mehr dabei, haben aber immer noch zu Vielen von Euch Kontakt. Jedes Treffen, jedes über Facebook, Instagram und Co zuwinken, jeder Kommentar hier auf diesem Blog von Euch, jede Mail und WhatsApp freut uns sehr.
Ein bisschen ist das immer wie ein Klassentreffen. Da trifft man Leute, die die gleichen Erinnerungen teilen und dann eigene interessante Wege gegangen sind.
Wir waren, sind und bleiben etwas ganz besonderes.
Dankeschön
Fast am Ende dieses Artikels möchte ich Danke sagen.
Zuerst an Henrik, unsere Kinder und unsere Familien. Ich finde wir haben dieses Jahr zusammen wunderbar gemeistert. Wir haben uns getragen und ertragen, uns gehalten und gestärkt und vor allem GELIEBT.
Danke an unsere Freunde und Wegbegleitern fürs Zuhören, Mitfühlen, aber auch gemeinsames Lachen und aufs andere Gedanken bringen. Schön, dass es Euch gibt.
Ein großes Dankeschön geht auch an meine Leserschaft. Dafür, dass Ihr mir hier die Treue haltet.
Ich liefere mit meinem Blog ja keinen wirklichen Mehrwert, sondern nur kleine Geschichten über mein Leben. Dass Ihr Euch die Zeit nehmt, mit mir zu lachen, zu weinen, zu staunen und zu grübeln bedeutet mir wirklich viel und jeder Kommentar ist ein großes Geschenk.
Zum Schluss
Wir wünschen Euch ein fröhliches Weihnachtsfest.
Macht das Beste aus der Pandemie-Situation. Vielleicht ergeben sich sogar neue Weihnachtsrituale.
Fürs neue Jahr wünschen wir Euch vor allem Gesundheit, Leichtigkeit, Freude – ein blühendes, buntes 2021.
Hier gibt es den Jahresrückblick von 2017, 2018, 2019 .
PS: Und auch im nächsten Jahr wird es wieder Geschichten hier in diesem Blog aus DangesWelt geben.
* Ich habe mich diesmal auch mit dem Lied zum Text wirklich schwer getan.
Letztendlich ist es Drake geworden, denn wir haben uns dieses Jahr so durchgetrappt.
Außerdem ist Drake einer meiner Lieblingssänger. Und dann war der Lieblingssatz unseres Sohnes in 2020 : „Kann ich Euch ein Lied vorspielen?“ „Na klar!“ und jedes Lied war dann ein Drill-Beat oder ein Trap. Wer damit nichts anfangen kann: alles Weiterentwicklungen des altbekannten Raps.
9 Kommentare
Manuela
Liebe Sylke,
es ist sehr selten, dass ich mich auf diese Art und Weise zu Wort melde. Aber ich habe gerade Deine Zeilen gelesen und habe das Verlangen, dies zu tun. Warmherzige Zeilen für ein doch schwieriges Jahr für Dich und Deine Familie. Ich war in Gedanken dieses Jahr oft bei Euch und konnte aus der Ferne miterleben, wie toll Ihr als Familie zusammenhaltet. Ich wünsche Euch von Herzen, das Ihr genau diese Momente und Erinnerungen, wie Du schreibst weiter teilst. Und auch Freunde und Wegbegleiter weiter daran teilhaben lässt.
Sylke
Liebe Manu,
Danke für Deine lieben Worte.
Ich hoffe sehr, dass wir uns im nächsten Jahr wieder öfters sehen ohne darüber nachdenken zu müssen: wie viel Abstand wir halten müssen, ob wir uns drücken dürfen oder wie viel Leute wir sind.
Fühl Dich gedrückt.
Manuela
Liebe Sylke,
irgendwie haben mich Deine Zeilen berührt und ich muß jetzt einfach antworten. Ich war in diesem Jahr sehr oft in Gedanken bei Euch und habe aus der Ferne miterleben dürfen wie wunderbar Ihr als Familie diese doch schwierige Zeit durchlebt. Ich finde Dich einfach toll, Deine warmherzige offene Art und noch die richtigen Worte zu finden, ist so herlich erfrischend. Bleib so wie Du bist liebe Sylke und lass uns gerne weiter an Deinen Gedanken teilhaben, welche viele Menschen so ehrlich nicht mehr aussprechen können. Bleibt gesund und passt auf Euch auf.
Elvira
liebe Sylke,
es sind mal wieder die richtigen wundervollen Worte die unter die Haut gehen ….
Ich wünsche Euch allen eine tolle Weihnachtszeit und ein spannendes und hoffentlich buntes Jahr 2021
liebe Grüße Elli
Sylke
Liebe Elli,
gleich nach dem Lockdown finden wir einen Termin zum Spazierengehen – versprochen.
Alles Liebe Sylke
Ramona
Wiedermal sehr gelungen . Deine Gedanken wie eine lange Perlenkette von Klarheit und treffend aus dem Leben und irgendwie schillernd. Liest sich wie ein Roman aus meiner Nachbarschaft . Dankeschön, dass du uns mitgenommen hast. Liebe Grüße Ramona und Wolfgang
Sylke
Lieben Dank für die schönen Worte. Ihr spielt ja mit in diesem Roman ;o) den ich mein Leben nenne.
Dicker Drücker nach nebenan.
Christel
Liebe Sylke,
Wie Recht Du hast. Dieses Jahr hat ein Niederschreiben von Gedanken und Gefühlen verdient. Ich nenne es das Achterbahn-Jahr und dass keine Böller verkauft werden, habe ich mit einer inneren Schadenfreude zur Kenntnis genommen “ hast“e auch nicht verdient, Du 2020″.
Das Jahr begann damit, dass kurz nach Neujahr mein Auto nicht durch den TÜV kam, wirtschaftlicher Totalschaden. Für mich eher emotionaler, denn das Auto-Kennzeichen EG war der Hinweis auf „ein Geschenk“, das Auto, dass mir meine Eltern schenkten. Und als wäre das nicht genug, teilte uns unser Arbeitgeber das Aus des Standorts Berlin zum Jahresende mit.
Aber das Achterbahn-Jahr hatte ja so seine Überraschungen und so waren meine Eltern wieder mal Retter in der Not und kauften mir ein niegelnagelneues Auto. Endlich wieder fahrbereit und voller Freudenstränen wurden wir also ins homeoffice geschickt. Da hockt man nun und 1 Jahr strenge Diät wurden nun durch Corona zunichte gemacht.
Homeoffice, homeschooling, einen schwerkranken Kater versorgen und pendeln zwischen Berlin-Bayern zu meinen Eltern bestimmten das Frühjahr. Verschnaufspause mit Lockerungen im Sommer, aber dann erlag meine Mutter ihrem Krebsleiden. Stillstand und Trauer, noch immer.
Mein Kater musste ich einschläfern lassen.
Abschied.
Aus eigener Kraft hätte ich nichts mehr gekonnt. Doch dann ein Anruf, jemand dachte an mich, eine neue Arbeit, eine neue Chance. Und so brauchte es nur 3 Telefonate und mir wurde – trotz Corona- ein Arbeitsvertrag zugeschickt. Und was für einer!
Lichtblicke,Freude, Lachen und die Chance einen meiner Kollegen mit mir zu nehmen und vorzuschlagen, Schicksal spielen. Wer soll die Chance erhalten? Innehalten, es hätten so viele verdient.
Die Wahl fiel und nun sind wir ein Dreiergespann und bauen eine Filiale in Berlin auf. Achterbahn der Gefühle.
Endlich raus, endlich unter Menschen, doch dann: ab sofort home office für alle und ich überlege, wie ich diese Zeit trotz der zahlreichen Weihnachtsplätzchen und der fehlenden Bewegung überleben soll.
Und ich werde das Gefühl nicht los, dass das Jahr noch was bereit hält…
Da steht Opa aus Bayern am Freitag mittag vor der Tür, der sich für Samstag angekündigt hat und fragt, ob es Montag sei…
Mich wundert inzwischen gar nichts mehr.
Und ich habe nur den einen Vorsatz, Sylke, ab sofort lasse ich mich anstecken!
Aber nur von Lachen, von schönen Augenblicken und von gut gelebten Momenten, Corona kann mich mal…
Liebe Grüße
Christel
Sylke
Liebe Christel,
wir haben hier beide fast eine Brieffreundschaft…;o).
Ich freue mich immer sehr über Deine Kommentare und auch dieser ist wieder so mitten aus dem Leben. Für Dich war es ein sehr schweres Jahr und trotzdem hörst Du Dich sehr positiv an. Darum werde ich mich mal gleich von Dir anstecken lassen und nehme mir an Deinem Vorsatz ein Beispiel.
Mach Dir eine schöne Weihnachtszeit und rutsch gesund ins neue Jahr (in dem wir uns dann wieder lesen).
Liebe Grüße Sylke