Toskana – Lichtspiele/ Teil 1
#33 Toskana – Lichtspiele / Teil 1
Lied zum Text: Danger Mouse & D. Luppi feat. Norah Jones ” Season’s Trees”
Toskana – dieses Licht! Hier muss man Maler werden.
Überall himmlische Aussichten im natürlichen Weichzeichner. Hinter jeder Kurve ein neuer, unglaublicher Blick. Und selbst, wenn Du stundenlang an einem Ort bleibst, verändert sich das Bild vor Dir ständig : Nebelschwaden, die in den Hügeln liegen, angeleuchtet vom diffusen Morgenlicht, die Hügel dann voll ausgeleuchtet in der Mittagszeit und mit tiefen Schattentälern am Nachmittag bis alles im Rot der Abendsonne versinkt. Selbst jetzt im Herbst, wo die Felder abgemäht, die Blumen verblüht und die Natur etwas karger wird, ist die Toskana ein Farbentraum. Nicht mehr grell und klar, wie im Sommer, sondern in Aquarell gemalt.
Und wir mittendrin.
Wir fliegen bei 11°C und Nieselregen in Berlin los, um 2 Stunden später in der Abendsonne und bei 20°C in Pisa zu landen. Genauso muss es sein, da stellen sich sofort Urlaubsgefühle ein.
Bis wir unser Mietauto haben, ist es dunkel und wir machen uns auf den Weg zu unserer Ferienwohnung. Henrik freut sich über die italienische Fahrweise, dichtes Auffahren, knappe Überholmanöver, Lichthupe geben, wenn man nicht mindestens 20km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung fährt. Da wird selbst mein ruhiger Mann zum fluchenden Italiener.
Irgendwann sind wir aber ganz allein auf den Straßen und müssen nur noch durch Lajatico. Ein ganz kleines verschlafenes Dorf, in dem wir uns doch glatt in einer sehr engen Gasse verfahren. Wenden geht nicht, also fährt Henrik die kleine Gasse mit einer gefühlten Steigung von 20 Prozent rückwärts hoch. Willkommen in Italien!
Noch 2 km Schotterpisten mit ein paar Serpentinen und Abhängen, die wir wegen der Dunkelheit zum Glück nicht sehen und dann stehen wir vor unserem Anwesen. Ein richtig großes Landgut mit 15 Wohnungen, aber außer uns keiner weiter da, auch nicht die Besitzer. In einer Tür steckt ein Schlüssel. Das ist sie also, unsere Wohnung auf Zeit.
Am nächsten Morgen werden wir von der Sonne geweckt und denken, wir träumen noch. Atemberaubend liegt die Toskana vor uns, die Sonne scheint in unsere Küche und beim Frühstück hat jeder von uns ein dickes, fettes Grinsen im Gesicht – wir sind Glückskinder.
Wir erkunden zuerst unsere Anlage, wir sind wirklich ganz allein, um uns herum die Toskana. Wir können bis Volterra und auf der anderen Seite in die apuanischen Alpen schauen – und es ist soooo schön.
Auf unseren Rundgang entdecken wir auch ein Gehege mit zwei handzahmen Wildschweinen, die uns mit freundlichen Gegrunze begrüßen.
So schön wie es hier ist, locken uns doch die toskanischen Städte und Dörfer und es zieht uns nach Volterra. Ein kleiner Ort auf einem 550 Meter hohen Bergrücken inmitten der schönen Toskana. Wir bummeln durch die engen Gassen und schauen immer wieder in die weite Landschaft, bis wir vor einer riesigen Burganlage stehen. Wir suchen den Eingang und als wir ihn finden, dürfen wir nicht hinein. Die Festung Medici wird heute als Staatsgefängnis benutzt. Bei der Schönheit der Lage und dem beeindruckenden Gebäude, überlegen wir nur einen kleinen Moment, straffällig zu werden. Da heute unser erster Tag ist und wir noch einiges vorhaben, lassen wir den Gedanken gleich wieder fallen.
Wir gehen lieber auf der Stadtmauer entlang und schauen uns die Reste des Teatro Romano an. Ich kann, wie immer, nicht glauben, dass diese “Reste” über 2000 Jahre alt sind. Wie konnten die damals schon so etwas bauen?
Natürlich schauen wir noch in eine Alabasterwerkstatt rein (immerhin sind wir hier im Zentrum der Alabasterverarbeitung) und bewundern, die für uns etwas zu kitschigen Kunstwerke. Dann geht es zurück auf “unser” Gut, wo wir der Sonne bei ihrem allabendlichen Spektakel in Rosa, Rot, Orange zu sehen.
Der nächste Tag soll Sonne und 22°C bringen und meine Mitreisenden wollen ans Meer zum Ausspannen. Na dann – auf geht es.
Wir fahren mitten durch die Berge. Anderthalb Stunden Berg hoch, Berg runter, Kurve rechts, Kurve links, mal nur Bäume vor uns, mal ein weiter Blick – eine herrliche Strecke, (Anmerkung Henrik: Wenn man ein Motorrad hätte und keinen französischen Kleinwagen mit 75 PS) an deren Ende wir am schneeweißen Strand von Vada landen. Nur wenige Touristen sind mit uns da, aber im Sommer ist es bestimmt richtig voll. Wir laufen am Strand entlang, schauen aufs Meer und gammeln richtig schön rum, bis es uns zu einem kleinen Café in Vada zieht. Hier sitzen wir fast auf der Hauptverkehrskreuzung und schauen den Italienern beim Leben zu.
Übrigens der Strand von Vada ist wirklich ein Karibiktraum, auch das Meer ist hier ganz türkis. Doch ob man hier stundenlang baden sollte? Dieser Karibiktraum wurde durch die Abwässer einer Sodafabrik geschaffen. Mittlerweile dürfen diese nicht mehr ins Meer geleitet werden, aber welche Rückstände da noch am Strand und im Wasser sind – keine Ahnung.
Für uns war es trotzdem ein sehr schöner, entspannter Sonnentag.
Am Mittwoch geht es ins “mittelalterliche Manhattan” nach San Gimignano. Die berühmten Türme weisen uns den Weg schon aus der Ferne. Hier sind ein paar mehr Touristen unterwegs, liegt vielleicht auch daran, dass heute Markttag ist… . Als erstes zieht es uns zum weltbesten Eisladen, zur Gelateria Dondoli. Ich esse irgendwas mit Olivenöl, Kürbiskernen und Keksen, die Männer nehmen die Klassiker und es ist echt lecker. Mit dem Eis setzen wir uns (wie viele andere auch) auf die Stufen vor dem Dom und schauen dem Markttreiben zu. Von hier hat man einen guten Blick auf ein paar der noch 15 Türme von San Gimignano. Früher sollen hier mal 72 davon gestanden haben. Ich glaube, dass war etwas bedrückend.
Natürlich gehen wir in den Dom (“Collegiata”) und lauschen gespannt der Geschichte der Santa Fina, die hier in einer kleinen Seitenkapelle liegt.
Wieder draußen, treibt es uns über die Dächer der Stadt auf den Berg und …? Genau ein phantastischer Blick in die Toskana folgt. Nach dem ganzen Mittelalter in den Gassen gehen wir in die Galleria Continua. Hier wird Moderne Kunst von weltbekannten Künstlern ausgestellt und verkauft. Es ist toll, wie sich das Heute (in der Galerie) mit dem Alten (draußen vor der Galerie) vermischt und uns auf eine Zeitreise mitnimmt.
Drei Tage sind wir jetzt hier und es kommt uns schon ganz lange vor. Morgen wollen wir nach Siena und wir nehmen Euch mit. Teil 2 unserer Toskana-Reise folgt.
3 Kommentare
Christel
Hallo Ihr beiden Weltenbummler,
ich freue mich auf noch mehr schöne Fotos in dem bei uns schon ziemlichem Grau.
Wie Du Dir vorstellen kannst, sitze ich bereits wieder mit der Decke am Tisch und wärme mir die Hände an dem noch immer -zum Glück- kostenlosen Kaffee.
Viel Freude, viel Sonne und viele schöne Momente!
Christel
Konny
Da habt ihr euch auch wirklich nen schönen Teil unserer Erde ausgesucht. “Dolce Vita” hielt ich früher nur für eine verbale Floskel, hier wird es richtig fühlbar.
Mal wieder ein Artikel zum Hineinversetzen.
Liebe Grüße aus derzeit Sri Lanka, Konny
Kathrin G.
Hallo Ihr beiden, Danke für die wunderbaren Erinnerungen. Mein Mann und ich sind riesige Toscana-Fans und waren schon mehrmals dort. Diese Blicke, diese Farben, diese Gerüche und die kleinen Gassen…..
Und in Gan Gimignano haben wir auch dieses herrliche Eis gegessen und waren zum Konzert im Dom.
Schön, dass es Euch auch so gefällt.