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Reisen-Kindheitserinnerungen

#03 Reisen-Kindheitserinnerungen
Lied zum Text: Miss Platnum „Glück und Benzin“

Reisen ist für mich schon immer mit einem besonderen, schönen und aufregenden Gefühl verbunden. Die Möglichkeit, jederzeit und überall hinzukönnen, ist für mich als Kind der DDR der absolute Inbegriff von Freiheit und ein großes Glück.

Meinen Eltern habe ich es zu verdanken, dass ich bereits als Kind fast alle Länder, die man zu DDR-Zeiten bereisen durfte, gesehen haben.
Sie haben mir wirklichen Abenteuerurlaub vorgelebt.

Wir sind zum Beispiel mit dem Trabi nach Bulgarien gefahren und haben dort mitten am Strand gezeltet. Es gab selbst gefangenen Fisch zum Abendbrot. Unsere Haare bleichten vom Salzwasser und der Sonne zu weiß aus. Unsere Haut war dunkelbraun und hatte weiße Salzwasserränder. Überall klebte der Sand an einem, den wir auch noch Wochen später überall in unseren Sachen gefunden haben. Am Besten fand ich den Pinkeleimer im Zelt. Dieser war für die Nacht mit Meereswasser gefüllt. Wenn man in der Dunkelheit dort reingepullert hat, hat das Plankton im Wasser geleuchtet. Für ein 6-jähriges Mädchen war das ein unglaubliches Wunder und dieser Urlaub das größte Abenteuer überhaupt.

In Rumänien haben wir am Straßenrand unterm Sternenhimmel geschlafen und einmal unbeabsichtigt auf einem Heldenfriedhof gezeltet. Wir suchten bereits in der Dunkelheit einen Platz zum Schlafen. Vor uns lag ein großes Feld mit dunklem, großen Hügel. Mein Vater wollte unbedingt in diesen „Heuhaufen“ schlafen. Die Frauen lieber im Zelt, dass dann auch aufgebaut wurde. Am nächsten Tag schauten wir aus dem Zelt und vor uns lagen reihenweise Hügelgräber mit goldenen Kreuzen auf den Gipfeln. Ziemlich schnell haben wir uns dann aus dem Staub gemacht.

In Ungarn haben wir bei einem sehr netten Paar auf einem Bauernhof übernachtet. Abends kam aus dem Maisfeld neben unserem Zelt das größte Schwein, das ich bis heute gesehen habe, nach Hause getrabt. Am nächsten Morgen zog es dann allein wieder los ins Maisfeld.

In der Slowakei waren wir tagelang wandern. Am Balaton haben wir mit meinem Onkel Karpfen geangelt. In ungarischen Thermalbädern lauschten wir dem Gesang der Einheimischen bei Sonnenuntergang. In Moskau machten wir im Dezember eine Schlittenfahrt ohne Schnee. In den Masuren haben wir 3 Wochen bei Dauerregen gezeltet.

Ich durfte in Bergbächen baden, im Winter auf dem See Schlittschuh fahren, den Sonnenaufgang beim Angeln beobachten, auf einem selbstgebauten Floß paddeln, im Schwarzen Meer schnorcheln, Klettersteige hochkraxeln und abends am Lagerfeuer sitzen.

Immer, wenn es wieder losging, wurde eine selbst aufgenommene Kassette gehört. Da diese mit den Nachrichten begann, war es immer 6 Uhr früh, egal wie spät es wirklich war. Danach hat Sam Brown zweimal hintereinander ihr Lied „Stop“ gesungen. Es gab darauf  Lieder, die mittendrin aufhörten und sofort begann ein neues Lied. Aber auch Teile von Werbung und Ansagen waren mit drauf. Mein Vater war im Aufnehmen scheinbar nicht so gut… Doch es war die schönste Kassette meiner Kindheit – unsere Urlaubskassette.

Den freien Blick auf diese Welt, die Demut vor ihrer Schönheit und die Dankbarkeit für die kleinen besonderen Momente habe ich von zwei großartigen Menschen gelernt – meinen Eltern.

Ich selber bin nicht ganz so abenteuerlustig wie sie. Ein ordentliches Bett gehört für mich zu einem Urlaub dazu, ein Zelt nur im Ausnahmefall. Ich plane gerne vorher, wo es hingeht und wir übernachten können. Trotzdem mag ich es individuell, Pauschalurlaub ist nicht mein Urlaub. In der nächsten Zeit „versuche“ ich mich wieder am Abenteuer. Ich werde weniger planen, mich mehr treiben lassen, mehr genießen, mehr wahrnehmen und mich dem Unbekannten öffnen.

 

Ein Kommentar

  • Karin & Reinhard

    Tja,
    genauso war es!
    Es berührt uns ganz tief, wie Du Deine Erinnerungen so positiv beschreibst!
    Die Freiheiten, die uns von dem pseudo „Arbeiter- und Bauernstaat“ mit den stalinistischen Betonköpfen in der Regierung zu gestanden wurden, haben wir, entsprechend unseren Möglichkeiten, eben genutzt!
    Deshalb, nutzt die Chance und die Freiheit, das berufliche Hamsterrad zu verlassen. Eure Wünsche ohne Vorbehalte zu erfüllen und lasst Euch von den neuen Erlebnissen verzaubern.
    Danke für Deine/Eure NÄHE!

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