Grübeln über ...

Grübeln über – das Glücklichsein

Fast ein Jahr sind wir jetzt arbeitsfrei. Ich nenne das extra so, weil wir das ganz freiwillig, bewusst machen und nicht unfreiwillig arbeitslos sind.

Ein Wort  kommt zu diesem Thema immer wieder in mir hoch: LUXUS. Es ist der größte Luxus, den ich mir bisher geleistet habe – diese Zeit – und ich mache mir viele Gedanken darüber.


Henrik sagt: ” Was haben wir es gut und so viel Zeit. Wir leben im Glück. Willste noch in Ruhe einen Tee trinken, bevor Du Dich langsam auf den Weg zum Frisör machst?”

Ich habe ein Problem mit diesem Glück öffentlich umzugehen.

An einem Dienstag sitze ich um 11 Uhr beim Frisör. Wir plaudern, ich werde gefragt, ob ich mir heute Urlaub genommen habe und es fällt mir schwer zu sagen: “Nee, ich habe soviel freie Zeit, wie ich will.”
Ich mache mir Gedanken darüber, wie das ankommt. Ich weiß, die Frisörin arbeitet oft 6 Tage die Woche, oft mehr als 8 Stunden und bekommt dabei ein Gehalt, dass gerade so zum Leben reicht.
Und ich sitze hier und schwärme von meinem “freien” Leben. Ich kann das nicht. Ich fühle mich schuldig, weil ich nicht gestresst bin, weil ich nicht überlegen muss, wann ich noch zwischen Arbeit und Kinder abholen den Einkauf erledigen soll. Ich fühle mich schuldig, weil es mir im Moment sooo gut geht, weil ich im Zeit-Luxus lebe.
Ich weiß, das ist verkehrt und kann es nicht ändern.

Wäre es anders, wenn ich ihre Seite nicht kennen würde, wenn ich nicht wüsste, wie anstrengend das Leben sein kann?
Wäre ich neidisch, wenn die Situation anders rum wäre? Geht es um das Gefühl von Neid?
Scheinbar möchte ich nicht, dass die Leute neidisch auf mich sind. Ich will zu ihnen gehören. Mir ist wichtig, weiterhin zur Gesellschaft zu gehören, ein Teil von ihr zu sein. Doch ich bin freiwillig ausgetreten und bin jetzt ein Zuschauer.
Ich erzähle über unsere Auszeit und versuche nicht zu überschwänglich zu klingen, nicht zu sehr zu schwärmen. Dabei überlege ich, ob das eine typisch deutsche Eigenschaft ist? Alles Positive klein zu halten und sich über negative Dinge zu etablieren. Bin ich ohne Stress und Anstrengung noch wer? Was denkt die Gesellschaft über mich?
Ich bete mir ständig vor, dass es egal ist, was andere von mir denken, dass Ich Mein Leben leben und damit glücklich sein muss. Einfach ist das nicht, aber ich werde immer besser darin.

So auch beim Frisörbesuch. Ich denke: “Erzähle über dein Glück und lass sie für ein paar Minuten daran teilhaben.” Ich werde also etwas lockerer, berichte, wie toll diese Zeit ist und dass ich mich fühle, als ob ich einen Sechser im Lotto hatte.

Sie hört zu und freut sich ein bisschen mit mir und sagt dann: ” Für mich wäre das ja nichts. So viel Mut hätte ich nicht und außerdem brauche ich meinen geregelten Tagesablauf.  Auch das ganze Rumgefahre wäre mir zu anstrengend. Aber wenn es Ihnen gefällt, ist ja schön.”

Und dann denke ich:
“Liebe Sylke, mal wieder ein wenig zu viel gegrübelt. Lass den anderen ihre Gedanken, Du musst sie nicht vorher analysieren. Sei einfach nur glücklich und zeige das auch.”

Vergissmeinnicht – sei glücklich

Macht Ihr Euch auch oft Gedanken darüber, was andere über Euch denken könnten? Lasst Ihr Euch von diesen Gedanken beeinflussen? Habt Ihr schon mal Träume aufgegeben, weil Ihr denkt, andere würden diese nicht gut heißen?

 

 

 

 

 

 

6 Kommentare

  • Christel

    Liebste Sylke,
    genieße diese kostbare Zeit und mache Dir keine Gedanken über den Neid anderer.
    Meine Freundin hatte sich mal ein Haus gekauft inmitten von Freunden und Familie, die jeden Cent umdrehen müssen und hatte das gleiche Problem. Auf die Frage, ob ich damit ein Problem hätte, konnte ich nur antworten. “Warum, ich hab ja auch was davon :)” Ich sitze in diesem wunderschönen Garten und genieße die schöne Sonne mit Dir.
    Möglicherweise ist Dir gar nicht bewusst, dass Deine Freunde und Deine Familie auch etwas davon haben, von Deiner Freizeit und Freiheit. Vielleicht bist Du flexibler für Verabredungen und musst nicht endlos Terminkalender wälzen, bevor mal ein freier Tag hervorblinkt. Vielleicht bist Du offener für die Sorgen anderer. Wenn Du Dir den Blick bewahrst, ist das auch ein Geschenk für andere.
    Sei umarmt
    Christel

  • Claudi

    Ganz genau, liebe Sylke, geniesse ALLES. Jeder Moment, jeder Atemzug, jede Liebesbekundung an das Leben. Zum Schluß des Lebens erinnert man sich an Menschen, Erlebnisse und Reisen; nicht an Konsumgüter. Ihr macht das richtig. So sehr richtig. Alles nur erdenklich Gute für Dich, Deine Familie und Freunde.

  • Katja

    Liebe Sylke,
    ich kann mich Christel nur anschließen!
    Außerdem hast Du Dir das verdient und erarbeitet. Jeder hat eine andere Definition von Glück – Du lebst Deine.
    Es gab auch in Euerm Leben eine Phase, in der Ihr im Hamsterrad der berufstätigen Eltern gefangen wart und Euer Glück zweitrangig war – es in erster Linie um das Glück und Wohlbefinden Eurer Kinder ging. Jetzt seid Ihr dran!
    Ich bin neidisch (und das ist nicht negativ gemeint) und hoffe, dass Tom und ich auch mal so ein Glück haben…. denn was die Definition betrifft, haben wir schon ziemlich gleiche Ansichten 😉
    Das hört sich so an, als wäre ich jetzt nicht glücklich! Das stimmt nicht! Aber es ist ein anderes Glück – kein unbeschwertes Glück – ein Glück, was mit dem Glück meiner Kinder steht und fällt. Und Du weißt, wie wechselhaft das mit einer pubertierenden 13jährigen sein kann…….
    Alles zu seiner Zeit!
    Liebe Grüße
    Moldi

    • Sylke

      Auch wenn die Kinder schon fast groß sind, hängt ganz viel Glück von Ihnen ab – ich glaub das bleibt für immer so. Die Autorin Elisabeth Stone hatte schon recht mit :
      Die Entscheidung, ein Kind zu haben,
      ist von großer Tragweite.
      Denn man beschließt für alle Zeit,
      dass das eigene Herz außerhalb
      des eigenen Körpers herumläuft.

      Demnächst gibts hier bei Grübeln über… auch was über unsere Kinder. Über die grübele ich nämlich auch :o).
      Liebe Grüße zurück.

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