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Alte Liebe – Kühlungsborn

#54 Alte Liebe – Kühlungsborn
Lied zum Text: Farin Urlaub „Abschiedslied“

Ende September waren wir mit dem Monster in Kühlungsborn.
Mit diesem Ostseebad verbindet uns eine lange, schöne und vor allem entspannte Geschichte. Kaum stehen wir am Ostseestrand, atmen wir tief ein und denken: „Warum waren wir so lange nicht mehr hier?“.
Die Abendsonne steht bereits tief und rotgold im Westen, sie macht unsere Schatten lang. Die Ostsee liegt ganz ruhig vor uns, kein Windhauch ist zu spüren, selbst die Möwen sind leise. So ruhig haben wir unser Meer selten erlebt. Obwohl wir erst angekommen sind, liegt irgendwie Abschiedsstimmung in der Luft.

Erinnerungen

Vielleicht liegt es daran, dass es für uns wahrscheinlich die letzte Tour mit dem Monster sein wird. Wir haben uns zwei Jahre für ein Monsterleben vorgenommen und diese sind im nächsten Jahr um.
Vielleicht aber auch, weil wir an diesem Strand das erste mal ohne eins unserer Kinder stehen.
Kühlungsborn ist für uns ein Familienort. Viele Erinnerungen sind hier im Sand verbuddelt und steigen auf, sobald wir den Strand betreten.
In den nächsten Tagen beginnen unsere Sätze oft mit: “ Weißt Du noch…“.
Viele Jahre sind wir in den Winterferien nach Kühlungsborn gefahren und haben hier wertvolle Familienzeit verbracht.

Zum ersten Mal nächtigen wir auf dem Campingplatz im Westen des Ortes und sind erstaunt, wie voll der noch Ende September ist. Noch erstaunter bin ich, als vor uns Leute für das nächste Jahr im September Plätze vorbuchen. Erst da wird uns klar, wir stehen auf einem der begehrtesten Campingplätze Deutschlands. Für die Sommersaison muss man wohl zwei Jahre im Voraus buchen – verrückt. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie voll es dann hier ist.
Das ist auch der Grund, warum wir noch nie im Sommer in Kühlungsborn waren – zu viele Menschen.
Mittlerweile ist man ja selbst im Februar bei Dauerregen und Sturm nicht mehr allein am Strand.

Wir haben in unseren 4 Tagen schönes Herbstwetter. Am zweiten Tag kommt der Wind und damit das Wellenrauschen. Gleich nach dem Frühstück geht es an den Strand. Erst laufen wir Richtung Westen, am Naturschutzgebiet vorbei. Der Wind trägt das Meer weit an den Strand, dadurch muss man sich beim Laufen durch den losen Sand arbeiten. Irgendwann sind wir beide kaputt und als ich zu Henrik sage: „Komm lass uns zurückgehen und im Monster ein Mittagsschläfchen machen.“, schaut er mich äußerst erstaunt an. Ich gebe ja zu, das ist ein von mir äußert selten benutzter Satz, aber er gehört an diesen Ort.

Als die Kinder noch klein waren, war so ein Mittagsschlaf echt schön. Nach dem Frühstück an den Strand, dann eine Runde ausruhen und wieder an den Strand.
So machen wir es auch an diesem Tag. Nach der Pause im Wohnwagen, geht es zum nächsten Erinnerungspunkt, ins Café Röntgen. Ich brauche nicht mal auf die Karten schauen, ich nehme den Stachelbeerbaiser und eine Kanne Tee. Der Kuchen ist so lecker wie immer.
Gut gestärkt laufen wir die zwei Kilometer am Strand entlang in den Ostteil des Ortes. (Auch so ein Ritual, hinzu am Strand, zurück über die Promenade oder den Wald.) Dann geht es noch die Strandstraße entlang und wir sind überrascht, wie wenig sich in den letzten 2 Jahren unserer „Abwesenheit“ verändert hat.
Am Abend, zurück in unserem Miniheim, hat der Wind die Wehmut aus unseren Köpfen geblasen.

Ausflugstipps

Kühlungsborn war/ist für uns immer ein Ausruhort. Oft bleibt das Auto stehen und wir laufen nur vom Westen in den Osten oder vom Osten in den Westen (von einem Café zum anderem Café).
Von hier kann man aber auch einige schöne Ausflüge machen.

Natürlich muss eine Fahrt mit der Dampfeisenbahn Molly nach Bad Doberan sein. In Bad Doberan gibt es eine kleine Fußgängerzone und ein großes Münster, das man unbedingt mal besuchen sollte. Für mich ist es vor allem mit dem Pelikangestühl verbunden.
Als ich circa 6 Jahre alt war, war ich mit meinen Eltern zum ersten mal im Münster. Mein Vater zeigte mir den Pelikan und erzählte mir die damit verbundene Geschichte. Also die Geschichte mit der Pelikanmutter, die sich die Brust aufreißt, um mit dem Blut ihre Jungen vorm Verdursten zu retten. Mit meinen sechs Jahren war es mir egal, dass dieses Bild als Aufopferungssymbol Christi gilt. Ich fand es einfach nur unglaublich traurig.
Seit ich dann nur unwesentlich später Disneys „Die lustige Welt der Tiere“ mit dem Todesmarsch der Pelikane gesehen hatte, waren Pelikane für mich die tragischsten  Geschöpfe auf Mutters Erde.

Mit der Molly fährt man auch an Heiligendamm vorbei. Weißer und heller als dieser Ort geht es nicht. Selbst bei grauem Novemberwetter braucht man eine Sonnenbrille, um nicht „schneeblind“ zu werden. Uns ist der Ort etwas zu unwirklich, etwas zu Etepetete. Da ich eine große Kleckerneigung habe, habe ich hier immer Angst, etwas dreckig zu machen.  Wer sich Heiligendamm aber mal ansehen möchte, kann von Kühlungsborn auch laufen oder mit dem Rad fahren.
Dazu gleich hinter dem neuen Hafen den Weg auf der Böschung langgehen.

Außerdem hat Kühlungsborn nicht nur den Strand zu bieten. Ein Spaziergang durch den Stadtwald ist wirklich schön. Gerade wenn man sich im Winter am Strand lang gekämpft hat, den eiskalten Wind unbarmherzig von vorn, dann ist es im Wald meist angenehm windstill und ruhig. Hier gibt es auch einen großen Kletterwald für alle ohne Höhenangst.

Wer etwas mehr Abwechselung braucht, der sollte ins nahe Rostock fahren und durch die Fußgängerzone bummeln. Wenn man dann noch ein paar Ozeanriesen sehen möchte, fährt man ins vorgelagerte Warnemünde und stellt sich mit einem Fischbrötchen (gut festhalten, sonst schnappen es sich die Möwen) auf die Mole.

Wer es ruhiger mag, aber trotzdem eine Stadt besuchen möchte, fährt nach Wismar. Ich kann diesen Ort nur jedem ans Herz legen. Zu DDR-Zeiten fast verfallen, ist Wismar heute eine der schönsten Ostseestädte. Vom Hafen geht es in den mittelalterlichen Stadtkern. Es gibt viele alte Häuser, große Kirchen, die Wasserspiele und einen großen Marktplatz zu entdecken.

Noch ruhiger geht es auf der Insel Poel und in Rerik zu (außer wahrscheinlich in den Sommermonaten).
Von Kühlungsborn kann man auch gut mit dem Rad nach Rerik fahren und hat dabei meistens einen schönen Blick über die Felder auf die Ostsee.
In Rerik sollte man ein Stück auf der Steilküste laufen und den herrlichen Blick genießen. Der dabei auch immer mal wieder nach Wustrow schweift. Die Halbinsel, die wegen Streitigkeiten zwischen der Stadt Rerik und dem Besitzer nicht betreten werden darf. In diesem Fall ist ein Streit mal ein Glücksfall, nämlich für die Natur von Wustrow, die sich hier ungehindert und ungestört ausbreiten kann.
Auch wir schauen nach Wustrow zu den alten verfallenen Häusern und malen uns das Leben hier aus. Immerhin haben wir davon schon einiges gehört, Henriks Mama hat dort zwischen Salzhaff und Ostsee ihre Kindheit verbracht.

Abschied

Wir machen in unseren vier Kühlungsborner Tagen nur den Ausflug nach Rerik und genießen sonst die Ostsee und den Strand in Kühlungsborn.
Es reicht uns, am Strand zu sitzen die Wellen und die Möwen zu beobachten.

Am letzten Tag werden wir zum ersten Mal in all den Jahren nach unseren Kurkarten gefragt. Der Kontrolleur fragt uns dabei gleich noch, ob wir uns keinen Strandkorb leisten können, weil wir so im Sand rumsitzen. Wir sind so mega entspannt, dass der Frager von einer schnippischen Berliner Antwort verschont bleibt und wir ihn nur anlächeln.
Durch die Lautsprecher laufen immer wieder Ansagen/Verbote:“ Auf keinen Fall die Möwen füttern.“, „Nicht die Buhnen betreten.“, „Mit den Hunden nur an ausgewiesen Hundestränden laufen.“ und, und, und
Wir merken, wie bei uns die Stimmung kippt. Obwohl wir von allein nicht mal auf die Idee kämen, diese Dinge zu tun, nervt uns das Ermahnen. Fürs Seelenheil braucht es eine ordentliches Stück Torte und das findet man in Kühlungsborn auf jeden Fall.

Am letzten Morgen laufen wir nochmal zum Strand und verabschieden uns für dieses Jahr von der Ostsee.
Wir hängen den Wohnwagen wieder ans Auto und machen uns auf den Rückweg.
Da ist sie wieder die Melancholie, keiner von uns spricht es aus, aber wir wissen es beide, wahrscheinlich war das der letzte Ausflug mit dem Monster.

 

 

 

 

 

 

4 Kommentare

  • Christel

    Hallo Sylke,
    Danke für die wunderschönen Bilder und die Eindrücke,die Ihr gesammelt habt. Der ewige Sommer neigt sich nun dem Ende und der Herbst kündigt nun endgültig das Ende diese Jahres an, leider.Ich habe mich sehr über die Farben und Lichter der Bilder gefreut.Ist Eure Auszeit nun komplett zu Ende? Oder nur für dieses Jahr?Weil Du schreibst “ der letzte Ausflug mit dem Monster..“
    Ich wünsche Euch in jedem Fall genug Auszeit damit Ihr noch viel erkunden könnt.
    Alles Liebe
    Christel

    • Sylke

      Hallo Christel,
      Danke für die lieben Worte. Noch ist unsere Auszeit nicht zu Ende.
      Morgen fliegen wir nach Griechenland und Ende November nach Mallorca.
      Aber die Zeit mit dem Monster wird voraussichtlich im Frühjahr vorbei sein und es wird mit jemand anderem Abenteuer erleben.
      Wir beide werden auch das nächste Jahr ruhig und gelassen angehen, werden uns dann jedoch langsam nach neuen Spielplätzen (Jobs) umsehen.
      Liebe Grüße
      Sylke

  • Kathrin G.

    Hallo Ihr beiden, ich habe lange keine Berichte von Euch gelesen, aber dieser ist wunderschön. Ja die Ostsee ist immer wieder sehr schön. Das Meer beruhigt mich immer total, es ist immer da und wird immer da sein. Nach der Wende wollte ich da gar nicht mehr hin fahren, weil wir zwei Jahre hintereinander sehr schlechtes Wetter im Sommer dort hatten. Und dabei man kann wirklich bei jedem Wetter hin.Und wir stellen bei unseren Reisen auch immer wieder fest, dass die Ostsee die schönsten Sträne und den schönsten Sand hat. Wir waren jetzt Ende Oktober bei Sturm da, der Sand wurde gleich mit ins Gesicht geblasen und das Wasser ging bis zu den Dünen, trotzdem wunderschön. Und hinterher einen heißen Sanddornsaft genießen, der schmeckt mir auch nur dort. Liebe Grüße

    • Sylke

      Hallo Kathrin,
      ich freue mich, dass Dir der Artikel gefällt und Du dich ein wenig wieder findest. Das mit dem Sanddornsaft kenne ich auch, es gibt Leckereien, die schmecken nur am Urlaubsort gut, zuhause fehlt ihnen irgendetwas.
      Ganz liebe Grüße an Dich und Deine Familie.

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